TLDR: Man stibt vorzeitig nicht an ADHS, sondern an unbehandelten Folgen von ADHS.
Sorry für diesen klickköderhaften Originaltitel. Das ist den Gepflogenheiten bei Feddit geschuldet.
Ich will hier gewiss niemanden schocken oder runter ziehen!
Daher - korrigierend zur Einordnung der verkürzten Aussage im Titel - vorab aus dem Artikel:
In Deutschland haben etwa vier bis fünf Prozent der Erwachsenen eine ADHS – eine Diagnose erhalten aber nur 0,2 bis 0,4 Prozent.
Aber erst mit der Diagnose können die Menschen die richtige Behandlung bekommen – und die hilft auch gegen ein vorzeitiges Sterben.
Der Befund aus der Studie erscheint mir bedeutsam aus zwei - hier sicherlich unstrittigen - Gründen:
- Weil vielerorts ADHS nach wie vor gegen alle Evidenz verharmlost wird.
- Und weil den (/uns) Betroffenen massiv Steine auf den ohnehin beschwerlichen Weg gelegt werden.
Die neue Studie zeigt: Die Folgen davon sind fatal und kosten viele Lebensjahre.
Mein Eindruck: Institutionelle Ignoranz und Fehleinschätzungen, wie das Märchen von der Überdiagnostizierung, halten Betroffene reihenweise davon ab, notwendige Unterstützung zu erhalten. Die Jungen stehen auch nach einer Diagnose nicht selten allein im Regen. Die Älteren diagnostizieren sich zwangsläufig irgendwann selbst, nachdem sie jahrelang allein im Regen standen - mit all den Dysfunktionalitäten ihres Lebens. Sie wissen dann zwar, woher der Regen kommt, aber oft nicht wirklich, wie sie ihn erträglicher machen können.
Ein klarer Zusammenhang zwischen limitierter Lebenserwartung und ADHS wurde laut Verfasser:innen erstmals in einer Studie so dargelegt. Wer ADHS Betroffene kennt, oder selbst von Kindesbeinen an deutlich mehr Unfälle als alle im persönlichen Umfeld hatte, wird darüber wenig verwundert sein, oder?
Was zu diskutieren bleibt: Wie der Umgang mit der ADHS bei Erwachsenen kurz- und langfristig verbessert werden könnte? Aus meiner Sicht ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es braucht sehr viele Regenschirme für sehr viele Menschen!
Ist ja nett, dass in solchen Artikeln oft davon ausgegangen wird, dass auf eine Diagnose eine Verhaltenstherapie folgt. Wenn es denn so wäre! Wenn es denn die Möglichkeit gäbe!
Das Traurige daran ist ja, dass sich die Versorgungslage in den nächsten Jahren mutmaßlich nicht bessern wird. Eher im Gegenteil. Erstmal darfst du dich durch alle Praxen telefonieren. Falls dort jemand überhaupt aus Versehen drangeht, erfährt man dass nicht mal mehr Wartelisten geführt werden. Außer du kennst das magische Wort “Privatpatient”…