Bis heute wurde die AfD nicht als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Das ist ein Skandal, den auch die Bundesinnenministerin verantwortet.

Nun ist schon Mitte April, und der Verfassungsschutz hat sein Gutachten zur AfD immer noch nicht vorgelegt – also jenes dringend erwartete Dokument, das nach Einschätzung aller ernst zu nehmenden Experten zur unmittelbaren Hochstufung der Gesamtpartei als „gesichert rechtsextremistisch“ führen wird.

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Doch seit der Bundestagswahl sind nun auch schon wieder 50 Tage vergangen, das Gutachten ist immer noch nicht da. Stattdessen erklärte das Bundesinnenministerium auf Tagesspiegel-Anfrage, das Gutachten könne überhaupt nicht vorgelegt werden. Es sei nämlich noch gar nicht fertig.

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Ein zentraler Grund, weshalb das Gutachten immer noch nicht vorliegt, ist das Versäumnis von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), den wichtigsten Posten innerhalb der Bundesbehörde neu zu besetzen: nämlich den ihres Präsidenten. Seit dem Rückzug von Thomas Haldenwang im November 2024 ist er verwaist.

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Meine Hoffnung erwies sich schnell als unbegründet. Die zahlreichen Arten, auf die Nancy Faeser als Innenministerin komplett versagte und Antidemokraten so das Leben erleichterte, lassen sich nicht alle in einer einzigen Kolumne darstellen.

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Deshalb nur ein Beispiel: Faeser versäumte es, die AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ zu verbieten. Der Verfassungsschutz hatte diese bereits im April 2023 als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Da es sich nicht um eine Partei handelte, hätte Faeser die „Junge Alternative“ nach Vereinsrecht verbieten können. Das Vereinsvermögen wäre eingezogen, das Aufbauen einer Ersatzorganisation unter Strafe gestellt worden. Exakt so, wie dies zum Beispiel mit Rocker- oder Reichsbürgergruppen erfolgreich praktiziert wird.

Stattdessen wartete das Innenministerium ab, bis sich die Junge Alternative, um die Überfälligkeit ihres Verbots wissend, im Februar 2025 selbst auflöste.

Das allein durch Faesers Nichtstun möglich gewordene Manöver der Rechtsextremen nutzt das Innenministerium nun übrigens ernsthaft als Begründung, um das eigentlich bereits fertige AfD-Gutachten doch noch einmal aufzuschnüren: Man müsse jetzt halt abwarten und im Gutachten ergänzen, wie ehemalige Mitglieder der „Jungen Alternative“ nach der Selbstauflösung künftig innerhalb der AfD agieren werden.

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Felor Badenberg hat die Behörde leider inzwischen verlassen, ist aktuell Justizministerin in Berlin. Seit Badenberg und Haldenwang weg sind, gibt es nach Einschätzung aus Sicherheitskreisen niemanden mehr, der noch die Courage hätte, das Gutachten zu veröffentlichen.

Besonders hervorgehoben wird in diesem Zusammenhang immer wieder der fehlende Eifer des aktuellen Vize-Präsidenten Sinan Selen (CDU). Dass unter diesem Mann kein Gutachten veröffentlicht wird, sei eigentlich eine Selbstverständlichkeit, heißt es.

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Ich weiß, dass es Vorbehalte gegen ein Verbotsverfahren gibt, oft sogar Ängste. Diese rühren meiner Ansicht nach daher, dass sich bestimmte Politiker, die sich mit der Materie noch gar nicht oder jedenfalls kaum befasst haben, regelmäßig in der Öffentlichkeit gegen ein Verbot aussprechen.

Ihre Argumente basieren nicht auf Fakten, sondern auf Geraune und eigenen Befindlichkeiten. Diese Politiker verbreiten ihre eigenen diffusen Sorgen weiter, obwohl es doch eigentlich ihre Aufgabe wäre, sich zunächst gründlich zu informieren. Zum Beispiel haben sie bis heute nicht die beiden vorherigen Gutachten des Bundesamts über die AfD gelesen (was sie hier und hier leicht nachholen könnten).

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Die Angst vor dem Verbotsverfahren kommt mir mittlerweile vor, als säße man in einem Wagen, der vom Weg abgekommen ist und jetzt unkontrolliert einen Abhang herunterbrettert. Aber niemand will die Bremse ziehen, denn es könnte sich ja herausstellen, dass diese Bremse defekt ist.

  • sp3ctre@feddit.org
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    18 hours ago

    Und genau deswegen hat die GFF Geld gesammelt um ein Gutachten zu erstellen. Darauf ist deutlich mehr Verlass.

  • flughoernchen@feddit.org
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    1 day ago

    Seit Badenberg und Haldenwang weg sind, gibt es nach Einschätzung aus Sicherheitskreisen niemanden mehr, der noch die Courage hätte, das Gutachten zu veröffentlichen.

    Toller Verfassungsschutz. Kann ich mich irgendwie für den Posten bewerben und das dann einfach selber machen? Ist ja lächerlich.

  • kossa@feddit.org
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    1 day ago

    Als nächstes hat dann der Hund das Gutachten gefressen, deswegen kann man es leider nicht vorlegen.

    Politik einfach nur noch peinlich.

  • baleanar@discuss.tchncs.de
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    1 day ago

    Ist diese Nancy eigentlich heimlich eine Faschistin? Oder ist führt sie nur ihre Befehle aus? November 2024 hätte ein Verbotsverfahren eingeleitet werden können. Das wäre der totale Wahnsinn gewesen.

    Was würde passieren wenn die AfD innerhalb ihrer Legislaturperiode verboten wird? Hätten wir dann Neuwahlen wieder nötig?

    • Melchior@feddit.org
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      24 hours ago

      Die AFD verliert alle Sitzen in allen Parlamenten. Vom Bundestag bis in den Dorfrat. Alle Jugendorgansitationen und ähnliches sind automatisch auch verboten und ebenso Nachfolgeorganisationen. Das Geld wird für den guten Zweck verwendet.

      Deshalb glaube ich auch nicht das Merz das macht. Damit hätte Rot-Rot-Grün eine Mehrheit im Bundestag und viele Landesparlamente würden sich neu ordnen. Zum Beispiel gäbe es in NRW eine Mehrheit für Rot-Grün.

      • Saleh@feddit.org
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        23 hours ago

        Und die SPD müsste sich dann endgültig als rechte Partei entlarven. Deswegen wollen sie das auch nicht. Bei den Grünen sind auch noch die “Realos” um Künast & co. auf Geisterfahrt, vermutlich aus taktischen Gründen, oder weil sie Angst haben, dass dann auch der Rechtsruck bei den Grünen deutlich wird. Vielleicht werden wenigstens diese Teile der Grünen als Konsequenz der Abwanderung vieler Wählys zu den Linken an Bedeutung verlieren.

        • Melchior@feddit.org
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          22 hours ago

          Die beiden Parteien die den AFD Verbotsantrag ordentlich unterstützt haben waren die Linken und die Grünen. Zumindest was die Unterzeichner angeht. Da würde ich mir also weniger Sorgen machen. So weit rechts sind die Grünen dann auch nicht.

          Allerdings ist es gut, dass die Linke so gewonnen hat wie sie gewonnen hat. Das gibt den Fundis ein gutes Argument nicht zu weit nach rechts zu Rücken. Man muss dazu aber auch sagen, dass die Linken einen Monat vor der Wahl noch unter 5% waren. Das Ergbnis hat wirklich alle überrascht.

    • Tiptopit@feddit.org
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      24 hours ago

      Soweit ich weiß, würden die Sitze der AfD in sämtlichen Institutionen einfach entfallen. Sofern dadurch keine Regierungsbildung verhindert wird, braucht es auch keine Neuwahl.

    • trollercoaster@sh.itjust.works
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      23 hours ago

      Ist diese Nancy eigentlich heimlich eine Faschistin?

      Viele Leute haben eine rechte Oma, die die Nazis gar nicht so schlimm findet. Die rechte Oma der SPD heißt Nancy Faeser.

  • RoflmasterBigPimp@feddit.org
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    24 hours ago

    So sehr wie ich mich auch kämpferisch gebe, manchmal verlässt mich auch der Mut. Wenn ich sehe wie eine Person einfach durch, nun ja, “aktives nichts tun” so viel Schaden anrichtet frage ich mich ob es überhaupt Möglich ist so sehr zu rebellieren das sich was ändert oder ob es nicht schon 5 nach 12 ist und wir jetzt unausweichlich in der Schiene in den Faschismus stecken weil die die Macht haben nicht handeln und die die handeln keine Macht haben.

    Würden Polizei & Bundeswehr auf Seiten des Rechts stehen wenn es hart auf hart kommt? Und wenn nicht würde der “Normalbürger” aufstehen und rebellieren? Oder würde er einfach mit der gleichen Apathie den Umschwung einfach nur zu Kenntnis nehmen wie er bis jetzt eigentlich alles einfach nur zur Kenntnis genommen hat? Klar ich sehe das manche sich der Lage bewusst werden und auch anfangen Alarm zu schlagen aber der Großteil scheint doch lieber einfach die Fassade glauben zu wollen weil er nicht die Energie, Kraft oder Lust hat was zu tun.

    Es ist doch so viel einfacher zu glauben das die AfD ja eine demokratische Partei ist und das System noch intakt. Was macht man wenn Leute es einfach nicht wahrhaben wollen was um sie herum passiert? Selbst unter den Nazis gab es noch (natürlich nur rein formell und ohne eigentliche Macht) den Reichstag und sogar Wahlen. Ich will nicht sagen das es schon so weit ist sondern das man schon damals erkannt hat wie nützlich eine Scheindemokratie ist auf die man zeigen kann.

    Würde der Durchschnittsbürger aufstehen bevor es zu spät ist? Oder doch eher einfach die bequeme Lüge annehmen bis es kein zurück mehr gibt?

    Und trotzdem weiß ich das ich es mir nie verzeihen könnte diesen Kampf nicht geführt zu haben, selbst wenn er aussichtslos ist.

    • Saleh@feddit.org
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      23 hours ago

      Die eine Hälfte ist es selber aktiv zu sein. Die andere Hälfte ist es, damit anderen Menschen ein Vorbild zu sein und ihre Inaktivität zu überwinden.

      Darauf zu warten, dass irgendwer anfängt gegen Faschos, Rechtsextreme und Reaktionäre aufzustehen, führt nur dazu, dass niemand aufsteht.

      Leider wollen viele Bürgys die Lüge leben, als sich mit unbequemen Wahrheiten auseinanderzusetzen. Insofern sehe ich ähnliche Muster, wie bei Querdenkern. Nur das statt einer lauten Minderheit in der Bevölkerung die leise Mehrheit die Realität verweigert.

      • RoflmasterBigPimp@feddit.org
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        23 hours ago

        Ich hab einfach nur das Gefühl ich müsste mehr tun als ich überhaupt als Mensch schaffen kann. Das es ein Kampf bergauf werden würde war mir immer klar aber das selbst Parteien die eigentlich verbündete sein sollten Hebel gegen uns ansetzen, ist doch ein harter Schlag.

  • Lucy :3@feddit.org
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    24 hours ago

    Muss man also um noch ein Wort erweitern: Faesers Faschistenschutz, FFS.

    Edith: Ein Wort, nicht eine Silbe. Es war 7:40, und ich nix mehr schlafi :c