Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat entsetzt auf einen UnterstĂŒtzerbrief von rund 100 LehrkrĂ€ften an Berliner Hochschulen fĂŒr propalĂ€stinensische Demonstranten reagiert. âDieses Statement von Lehrenden an Berliner UniversitĂ€ten macht fassungslos. Statt sich klar gegen Israel- und Judenhass zu stellen, werden Uni-Besetzer zu Opfern gemacht und Gewalt verharmlostâ, sagte die FDP-Politikerin. âDass es sich bei den UnterstĂŒtzern um Lehrende handelt, ist eine neue QualitĂ€t. Gerade sie mĂŒssen auf dem Boden des Grundgesetzes stehenâ, sagte die Ministerin weiter.
Ăhnlich Ă€uĂerte sich Berlins Regierender BĂŒrgermeister Kai Wegner (CDU): âFĂŒr die Verfasser dieses Pamphlets habe ich ĂŒberhaupt kein VerstĂ€ndnis.â Antisemitismus sei keine MeinungsĂ€uĂerung, sondern eine Straftat.
LehrkrĂ€fte sprechen von âPolizeigewaltâ
Nachdem am Dienstag eine pro-palĂ€stinensische Protestaktion auf dem GelĂ€nde der Freien UniversitĂ€t Berlin von der gerĂ€umt wurde, solidarisieren sich LehrkrĂ€fte der Berliner UniversitĂ€ten mit den Protestierern. In einem öffentlichen Statement sprechen sich die Unterzeichner gegen den Polizeieinsatz aus, unabhĂ€ngig davon, ob sie die Forderungen der Protestierenden unterstĂŒtzten oder nicht.
Es entspreche dem SelbstverstĂ€ndnis der LehrkrĂ€fte, Studenten auf Augenhöhe zu begegnen und sie âin keinem Fall Polizeigewalt auszuliefernâ. Das PrĂ€sidium der Freien UniversitĂ€t habe den Protest ohne âvorangehendes GesprĂ€chsangebot polizeilich rĂ€umen lassenâ und so seine Pflicht verletzt, eine gewaltfreie und auf Dialog basierende Lösung anzustreben.
PrÀsident Ziegler: Sicherheit sei gefÀhrdet gewesen
Diese Entscheidung begrĂŒndet ein Sprecher des UniversitĂ€tsprĂ€sidenten GĂŒnter M. Ziegler auf eine Anfrage dieser Redaktion hin dahingehend, dass die Protestierenden von vornherein nicht zu Dialog bereit gewesen seien. AuĂerdem sei es zu antisemitischen und diskriminierenden ĂuĂerungen und SachbeschĂ€digung gekommen.
Die Brandmeldeanlage sei beschĂ€digt worden und so die Sicherheit der Mitglieder der UniversitĂ€t nicht mehr gewĂ€hrleistet gewesen. Daher hĂ€tte man den Lehrbetrieb am Dienstag eingestellt, so der Sprecher. Auch die Polizei habe man aus SicherheitsgrĂŒnden gerufen. ** LehrkrĂ€fte fordern, âvon strafrechtlicher Verfolgung abzusehenâ**
Der Campus als Raum der kritischen Ăffentlichkeit sei zu schĂŒtzen, schreiben dagegen die Unterzeichner des offenen Briefs. âWir fordern die Berliner UniversitĂ€tsleitungen auf, von PolizeieinsĂ€tzen gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher Verfolgung abzusehenâ, heiĂt es in dem Statement.
Auch aus juristischer Perspektive sei das Hausrecht der Freien UniversitĂ€t durch die Versammlungsfreiheit beschrĂ€nkt, da es sich um einen fĂŒr öffentliche Aufgaben bestimmten Ort handele.
Hintergrund: Rafah-Offensive und Gaza-Krieg
Hintergrund des Protests war die beginnende Offensive des israelischen MilitĂ€rs in der Stadt Rafah im Gaza-Krieg. Aufgrund der Offensive und der sich verschlechternden humanitĂ€ren Lage im Gazastreifen âsollte die Dringlichkeit des Anliegens der Protestierenden auch fĂŒr jene nachvollziehbar sein, die nicht alle konkrete Forderungen teilen oder die gewĂ€hlte Aktionsform fĂŒr nicht geeignet haltenâ, schreiben die LehrkrĂ€fte in ihrem Statement.
Die Liste der Unterzeichnenden ist lang. Neben 182 Mitglieder Berliner UniversitĂ€ten und Forschungsinstitute sind Stand Mittwoch unter âWeitere UnterstĂŒtzer:innenâ noch einmal 222 Lehrende anderer deutscher und europĂ€ischer UniversitĂ€ten aufgefĂŒhrt.
Auch AStA und Hochschulgruppen verurteilen Polizeieinsatz
Auch der AStA der Freien UniversitÀt und Hochschulgruppen, etwa der juristischen FakultÀt, verurteilten in eigenen Statements den Polizeieinsatz und die Entscheidung der UniversitÀtsleitung, die Polizei auf den Campus zu rufen.
Die Protestaktion am Dienstag fand im âTheaterhofâ der Rost- und Silberlaube der Freien UniversitĂ€t an der Habelschwerdter Allee statt. Etwa 150 Protestierende waren nach Angaben der Polizei beteiligt und hatten den Hof mit Zelten und BĂ€nken besetzt und Transparente mit SchriftzĂŒgen entrollt.
200 EinsatzkrÀfte der Polizei rÀumten die Versammlung am Nachmittag auf Bitten der UniversitÀtsleitung. Dabei setzten sie Reizgas gegen die Studierenden ein. Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und des Verdachts auf Volksverhetzung wurden gestellt und Hausverbote erteilt. Insgesamt wurden bei dem Einsatz laut Polizei 79 Personen festgenommen und deren IdentitÀten festgestellt. ZusÀtzlich wurden 80 Strafermittlungsverfahren und 79 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet.
Dem kann ich nur zustimmen. Die RealitÀt des Massenmordes wird in Deutschland sehr effektiv ausgeblendet.